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Übergeleiteten kirchlichen Beschäftigten drohen bei späterem innerkirchlichen Arbeitgeberwechsel finanzielle Verluste

Zum 1. Januar 2009 wird das neue kirchliche Tarifrecht wirksam, welches in seinen wesentlichen Teilen den Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes im Land Niedersachsen (TV-L) übernimmt. Durch den Überleitungstarifvertrag ist sichergestellt, dass kirchliche Beschäftigte, welche schon unter den alten tariflichen Bestimmungen der Dienstvertragsordnung (DVO) unter Bezugnahme auf den BAT oder MTArb eingestellt wurden, bei der Überleitung in das neue Tarifrecht im Regelfall keine finanziellen Verluste erleiden. Üblicherweise ist von einer Besitzstandswahrung auszugehen. Die Arbeitnehmerseite in der ADK konnte sogar für den kirchlichen Bereich eine Besserstellung gegenüber dem Öffentlichen Dienst erreichen, was die Anerkennung von Beschäftigungszeiten bei anderen Arbeitgebern angeht.

Wechselt man im Öffentlichen Dienst den Arbeitgeber, dann sind die bisher erworbenen Beschäftigungszeiten grundsätzlich verloren und man kann je nach bisheriger beruflicher Erfahrung in seiner zugewiesenen Entgeltgruppe in Stufe 1 (Berufsanfänger) oder 2(mindestens einjährige Berufserfahrung) gelangen. Ab dem Jahr 2010 wird es im Öffentlichen Dienst bei mindestens dreijähriger Berufserfahrung auch möglich sein, sofort in Entgeltstufe 3 eingruppiert zu werden. Wer bei seinem alten Arbeitgeber vorher schon eine höhere Entgeltstufe erreicht hatte, fällt bei Arbeitgeberwechsel auf alle Fälle zurück und muss Gehaltseinbußen hinnehmen.

Nicht so im kirchlichen Bereich. Bei einem Arbeitgeberwechsel innerhalb des Anwendungsbereichs der DVO werden alle kirchlichen Arbeitgeber als 1 Arbeitgeber gewertet. Dabei dürfen zwischen dem Ende des alten Arbeitsverhältnisses und dem Beginn des Neuen allerdings nicht mehr als 6 Monate liegen. Ist diese Bedingung erfüllt, dann werden die Vorzeiten bei den früheren kirchlichen Arbeitgebern als Beschäftigungszeit angerechnet. Für ab dem 01.01.2009 neu anzustellende Beschäftigte bedeutet dies, dass sie bei einem innerkirchlichen Arbeitgeberwechsel unter Beibehaltung der alten Tätigkeitsmerkmale wieder in die gleiche Entgeltgruppe und Entgeltstufe kommen und durch den Wechsel keine finanziellen Verluste erleiden.

Leider ist dies bei den übergeleiteten kirchlichen Beschäftigten nicht der Fall. Allen altgedienten Kräften muss man anraten, nach Überleitung in das neue Tarifrecht ihrem jetzigen kirchlichen Arbeitgeber unbedingt die Treue zu halten. Zumindest sollte sehr gewissenhaft geprüft werden, ob und in welcher Höhe es durch den Wechsel zu Gehaltseinbußen kommt. Denn der Wechsel z. B. einer Erzieherin in den Kindergarten der Nachbargemeinde kann zu erheblichen finanziellen Verlusten führen. Die oben erwähnte Besitzstandswahrung greift zwar bei der Überleitung aus dem alten in das neue System, nicht aber bei einem innerkirchlichen Arbeitgeberwechsel nach dem 31.12.2008.

Der Haken ist, dass die weiter oben beschriebene Regelung in der neuen DVO, dass alle DVO-Anwender als ein Arbeitgeber gewertet werden, sich nur auf die Anerkennung der Dienstzeiten als Beschäftigungszeiten bezieht. Die Jahre werden also für die Festlegung der korrekten Entgeltstufe (nicht zu verwechseln mit der Entgeltgruppe) angerechnet. Man wird nach langjähriger Tätigkeit also auch nach einem innerkirchlichen Arbeitgeberwechsel in eine höhere Entgeltstufe eingestuft werden, als dies im Öffentlichen Dienst der Fall wäre.

Trotzdem können finanzielle Verluste eintreten. Die DVO legt an keiner Stelle fest, dass die bisher erreichte Entgelthöhe bei einem innerkirchlichen Arbeitgeberwechsel unter Beibehaltung der Tätigkeitsmerkmale gehalten wird. Entscheidend ist, dass der TV-L bei jedem Arbeitgeberwechsel eine Neueingruppierung vorsieht. Da es noch keine neue Vergütungsordnung gibt, wird diese bis auf weiteres nach den alten Vergütungsordnungen des BAT und MTArb durchgeführt. Im Anschluss wird sofort in das neue kirchliche Tarifrecht überführt. Dies wird auch bei einem innerkirchlichen Arbeitgeberwechsel so gehandhabt. Aufgrund des Wegfalls der Bewährungsaufstiege und Vergütungsgruppenzulagen findet die Eingruppierung somit in der Eingangsvergütungsgruppe statt, auch wenn langjährige Bewährungszeiten vorliegen. In den meisten Fällen hat das keine Auswirkungen, da viele Mitarbeitergruppen egal ob vor oder nach dem Bewährungsaufstieg in die gleiche Entgeltgruppe kommen.

Aber gerade die bei uns stark vertretene Beschäftigtengruppe der Erzieherinnen trifft es besonders. In Zukunft werden Erzieherinnen grundsätzlich in die Entgeltgruppe 6 eingestuft werden. Langjährige Erzieherinnen, welche ihren Bewährungsaufstieg schon hinter sich haben, kommen aber im Rahmen der Überleitung in Entgeltgruppe 8. Wechseln sie ihren Arbeitgeber, würden sie durch die Neueingruppierung von Entgeltgruppe 8 in Entgeltgruppe 6 zurückfallen.

Beispiel: Erzieherin, verheiratet, 35 Jahre alt, seit 10 Jahren im kirchlichen Dienst, inzwischen im Bewährungsaufstieg in Vergütungsgruppe V c eingruppiert, in Stufe 8 der Grundvergütungstabelle, zusätzlich wird eine Vergütungsgruppenzulage gezahlt. Ihr Bruttogehalt beträgt vor der Überführung inklusive der 2,9 % Tariferhöhung 2554,70 €. Sie wird in Entgeltgruppe 8 übergeleitet. Da sie mit ihrem bisherigen Gehalt in der neuen Entgelttabelle in der Entgeltgruppe 8 zwischen den Entgeltstufen 5 und 6 steht, wird für sie eine individuelle Entgeltzwischenstufe zwischen den Stufen 5 und 6 gebildet. Bei einem innerkirchlichen Arbeitgeberwechsel wird sie in die Entgeltgruppe 6 eingestuft. Die 10 Jahre kirchliche Tätigkeit werden angerechnet. Sie erhält Entgelt der Entgeltstufe 5. Dies sind 2285,00 €. Ein Verlust von knapp 270,00 €.  

Verluste erleiden auch langjährige Beschäftigte, welche jetzt schon mehr verdienen als die neue Entgelttabelle in ihrer höchsten Stufe vorsieht und die daher einer individuellen Entgeltendstufe zugeordnet werden. Bei einem Arbeitgeberwechsel werden sie zwar wahrscheinlich aufgrund ihrer anerkannten langjährigen Tätigkeit wieder in die höchste Entgeltstufe kommen, der Differenzbetrag zur vorherigen individuellen Endstufe ist aber dauerhaft verloren.

Wer sich noch in einer individuellen Zwischenstufe befindet, muss bei Arbeitgeberwechsel mit vorübergehenden Einbußen rechnen. Bei der Neueingruppierung und anschließenden Überleitung kommt der Beschäftigte in die für ihn geltende Entgeltstufe. Diese ist auf alle Fälle niedriger als die bisherige Zwischenstufe. Er wird bis zum Aufstieg in die nächst höhere Entgeltstufe mit dem Differenzverlust leben müssen.

Beispiel: Sozialpädagoge, ledig, 45 Jahre alt, seit 20 Jahren im kirchlichen Dienst, im Bewährungsaufstieg in IV b inklusive einer 6 %-igen Vergütungsgruppenzulage, in Stufe 13 der Grundvergütungstabelle. Sein Bruttogehalt beträgt vor der Überführung inklusive der 2,9 % Tariferhöhung 3186,60 €. Er wird in die Entgeltgruppe 9 übergeleitet. Da er über dem Tabellenentgelt der höchstens erreichbaren Stufe 5 dieser Entgeltgruppe liegt, wird für ihn eine individuelle Entgeltendstufe gebildet, in der er sein bisheriges Gehalt weiterhin erhält. Bei einem kirchlichen Arbeitgeberwechsel wird er wieder in die Entgeltgruppe 9 eingestuft. Seine 20 Jahre kirchlicher Dienst werden ihm anerkannt, er kommt daher wieder in die Entgeltstufe 5 (Höchststufe) und erhält das entsprechende Tabellenentgelt in Höhe von 3070,00 €. Die ist ein Verlust von gut 110,00 €.

Auch Angestellte, die erst seit kurzem bei Kirche arbeiten, aber aufgrund ihres Alters schon in einer hohen Altersstufe sind und somit ein relativ hohes Entgelt erzielen, erreichen bei der Überleitung eine relativ hohe Entgeltstufe. Bei der Neueingruppierung aufgrund eines innerkirchlichen Arbeitgeberwechsels und anschließender Überleitung spielt das Alter aber keine Rolle. Auch Zeiten, die in der freien Wirtschaft oder im Öffentlichen Dienst zurückgelegt worden sind, spielen keine Rolle. Nur Zeiten bei kirchlichen DVO-Anwendern zählen. Im Ergebnis kann es zu einer deutlichen Rückstufung bei der Entgeltstufe kommen.

Beispiel: Sozialpädagoge, verheiratet, 50 Jahre alt, seit 5 Jahren bei Kirche tätig inzwischen im Bewährungsaufstieg in BAT IV b eingruppiert, in Stufe 11 der Grundvergütungstabelle. Sein Bruttogehalt beträgt vor der Überführung inklusive der 2,9 % Tariferhöhung 3116,30 €. Er hat jetzt schon ein höheres Gehalt als die höchste Stufe 5 der Entgeltgruppe 9, welcher er zugeordnet wird. Daher wird für ihn eine individuelle Endstufe oberhalb der Stufe 5 gebildet. Bei einem innerkirchlichen Arbeitgeberwechsel werden ihm nur die 5 Jahre kirchliche Tätigkeit anerkannt. Er wird nun der Entgeltgruppe 9, Entgeltstufe 3 zugeordnet. Der individuelle Verlust beträgt über 600,00 € da ihm nur noch 2480,00 € zustehen.

Zu beachten ist, dass der Verlust bei einem innerkirchlichen Arbeitgeberwechsel umso höher sein wird, je umfangreicher der familienbezogene Entgeltbestandteil bei der Überleitung ist. Da es familienbezogene Entgeltkomponenten im TV-L nicht gibt, sind die Verluste bei ledigen grundsätzlich kleiner als bei verheirateten Beschäftigten. Noch größer werden die Verluste, wenn zusätzlich noch kinderbezogene Besitzstandszulagen wegfallen.

Legt man bei den kirchlichen Beschäftigten Wert auf ein hohes Maß an Flexibilität im Bereich ihres Arbeitseinsatzes, dann muss für diese Problematik eine Lösung gefunden werden. Ansonsten ist davon auszugehen, dass kein kirchlicher Beschäftigter, welcher im Rahmen der Überleitung in das neue kirchliche Tarifrecht gekommen ist, mehr freiwillig innerhalb unserer Kirche einen Arbeitsplatzwechsel akzeptiert.

Siegfried Wulf

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