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Zeiten geringfügiger Beschäftigung müssen grundsätzlich bei der Berechnung der Beschäftigungszeit berücksichtigt werden

Der Rechtsstatus von Beschäftigten mit einer geringen Wochenstundenzahl im Öffentlichen Dienst hat sich in der Vergangenheit kontinuierlich verändert. Galten sie früher als nebenberufliche Mitarbeiter, welche vom Geltungsbereich des BAT ausgeklammert waren, handelt es sich inzwischen um geringfügig Beschäftigte mit einem Einkommen von bis zu 400 Euro bei dieser Tätigkeit. Auch sind diese Beschäftigten inzwischen in den Geltungsbereich des Tarifvertrages des Öffentlichen Dienstes (früher BAT/ jetzt TVöD bzw. TV-L) aufgenommen worden. Entsprechend den Veränderungen im Öffentlichen Dienst änderte sich auch die Rechtsstellung der entsprechenden kirchlichen Beschäftigten kontinuierlich durch Änderungen der Dienstvertragsordnung (DVO).

Der 77. Änderungstarifvertrag zum BAT legt fest, das geringfügige Beschäftigungen im Sinne von § 8 SGB V nur dann bei der Berechnung der Beschäftigungszeit berücksichtigt werden, soweit sie nach dem 31. Dezember 2001 zurückgelegt worden sind. Da die DVO hierzu keine Sonderregelung vorsieht, wird das Tarifrecht in diesem Punkt analog auf kirchliche Beschäftigte angewandt.

Die Beschäftigungszeit ist unter anderem ausschlaggebend für die Länge der Kündigungsfristen. Arbeitet z. B. eine nebenberuflich beschäftigte Mitarbeiterin seit 1980 bei einem kirchlichen Arbeitgeber, dann werden ihr zum Stichtag 31.12.2006 nicht 26 Jahre als Beschäftigungszeit angerechnet, sondern nur 5 Jahre (ab 2002). Bei einer Anrechnung der 26 Jahre hätte sie unter der Voraussetzung, dass sie inzwischen das 40. Lebensjahr vollendet hat, längst die Unkündbarkeit erreicht, bei einer Anrechnung von nur 5 Jahren fehlen ihr noch 10 Jahre.

Hier gibt es ein neues richtungsweisendes Urteil des Bundesarbeitsgerichts, welches auch im kirchlichen Bereich seinen Niederschlag finden muss. Das BAG hat entschieden, dass die Nichtanrechnung der entsprechenden Zeiten vor 2002 gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz verstößt. Es liegt eine sachlich nicht gerechtfertigte Benachteiligung Teilzeitbeschäftigter vor. Somit wäre die im obigen Fallbeispiel erwähnte Kollegin inzwischen ordentlich unkündbar.

Siegfried Wulf

Pressemitteilung Nr. 28/07 des BAG

Anrechnung von Zeiten geringfügiger Beschäftigung auf die Beschäftigungszeit iSd. BAT

Die Parteien streiten im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses über die Frage, ob auf das Arbeitsverhältnis der im öffentlichen Dienst beschäftigten Klägerin Zeiten geringfügiger Beschäftigung als Beschäftigungszeit im Sinne des BAT anzurechnen sind. Nur unter Berücksichtung dieser Zeiten wäre die Klägerin länger als fünfzehn Jahre bei der Beklagten beschäftigt gewesen und damit "unkündbar" iSv. § 53 Abs. 3 BAT, so dass die von der Beklagten ausgesprochene ordentliche Kündigung unwirksam wäre. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Kündigungsschutzklage mit der Begründung abgewiesen, tarifrechtliche Vorschriften des öffentlichen Dienstes stünden einer Berücksichtigung von Zeiten geringfügiger Beschäftigung entgegen, die vor dem 1. Januar 2002 zurückgelegt worden seien.

Die Revision der Klägerin hatte vor dem Sechsten Senat Erfolg. Bei der Berechnung der Beschäftigungszeit der Klägerin sind die Zeiten der geringfügigen Beschäftigung mit zu berücksichtigen. § 4 Abs. 1 des 77. Tarifvertrags zur Änderung des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) vom 29. Oktober 2001 (77. Änderungs-TV) ist unwirksam. Nach dieser Bestimmung sind geringfügige Beschäftigungen iSd. § 8 SGB IV (sog. 400-Euro-Kräfte) bei der Berechnung der Beschäftigungszeit nur zu berücksichtigen, soweit sie nach dem 31. Dezember 2001 zurückgelegt worden sind. Dies verstößt gegen § 4 Abs. 1 TzBfG iVm. dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Die Tarifregelung führt zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Benachteiligung Teilzeitbeschäftigter. Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, der eine Nichtberücksichtigung der vor dem 1. Januar 2002 liegenden Zeiten geringfügiger Beschäftigung rechtfertigen könnte. Damit war die Klägerin zum Zeitpunkt der Kündigung unkündbar iSv. § 53 Abs. 3 BAT und hätte nur außerordentlich gekündigt werden können.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25. April 2007 - 6 AZR 746/06 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 11. Juli 2006 - 2 Sa 543/05 -

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